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Synonyme
quantified self, Selbstvermessungstechnologie, Selbstvermessung
Bemerkungen
Das sich quantifizierende Selbst kann in einen Konflikt mit dem sich fühlenden Selbst treten und diesem die Deutungshoheit über körperliche und mentale Befindlichkeiten entreißen. Kurz: Daten können einen dazu bringen, dass man dem Körpergefühl misstraut.
Von Steffen Mau im Buch Das metrische Wir (2017) im Text Quantifizierung des Selbst: Balken und Kurven Es scheint, als produziere das Messen und Auslesen von Körper- und Seelendaten die Vorstellung der prinzipiellen Dechiffrierbarkeit immer gleich mit. Die Produktion und Verfügbarkeit von Daten lässt so das Enigmatische unseres Körpers und unserer Psyche nach und nach verschwinden, der Mensch erscheint als ein auf Daten reduzibles Wesen. Die Datenerhebung und -analyse sind die entscheidenden Entschlüsselungstechnologien.
Von Steffen Mau im Buch Das metrische Wir (2017) im Text Quantifizierung des Selbst: Balken und Kurven auf Seite 169Zahlen und Daten werden heute nicht nur verabsolutiert, sondern auch sexualisiert und fetischisiert. »Quantified Self« etwa wird geradezu mit einer libidinösen Energie betrieben. Der Dataismus entwickelt insgesamt libidinöse, ja pornographische Züge. Dataisten kopulieren mit Daten. So spricht man inzwischen auch von »Datasexuellen«. Sie seien »unerbittlich digital« und hielten Daten »für sexy«. Der digitus nähert sich dem phallus.
Von Byung-Chul Han im Buch Psychopolitik (2014) Auch Anhänger des Quantified Self sind dem Dataismus verfallen. Sie versehen ihren Körper mit Sensoren, die alle körperlichen Parameter automatisch aufzeichnen. Gemessen wird alles, ob Körpertemperatur, Schritte, Schlafzyklen, Kalorienzufuhr, Kalorienverbrauch, Bewegungsprofile oder sogar Gehirnwellen. Sogar bei der Meditation werden noch Herzschläge protokolliert. Selbst bei der Entspannung zählt also Leistung und Effizienz, eigentlich ein Paradox.
Von Byung-Chul Han im Text Dataismus und Nihilismus (2013) Die Grundüberzeugung vieler Selbstvermessungsenthusiasten lautet, dass der Mensch - der Körper und das Selbst - sich in seiner Gesamtheit in quantitativen Daten abbilden und entschlüsseln lässt und eben kein mystisches Ensemble psychischer und physischer Zustände darstellt, welche sich immer nur punktuell und ausschnittweise erfassen ließen. Es geht ihnen um das »self knowledge by numbers«, um die Steigerung des Selbstwissens und der Selbstkontrolle durch die Verfügbarkeit und Nutzung von Körperdaten.
Von Steffen Mau im Buch Das metrische Wir (2017) im Text Quantifizierung des Selbst: Balken und Kurven auf Seite 169Problematisehe Aspekte der Selbstvermessung durch Wearables sind etwa Fehlmessungen oder übertriebene Normierungen des »Gesunden«, die bei den Selbstüberwachern zu unverhältnismäßigen Reaktionen führen können, von Besorgnis und Angstsymptomen bis hin zu unnötigen Folgetests. Häufig ist es so, dass sich Nutzer verletzlich und sicher zugleich fühlen: verletzlich, weil jede Abweichung vom objektiven Normwert zum subjektiven Problem wird, sicher, weil man sich in falscher Sicherheit wiegt, wenn die Zahlen zwar auf den ersten Blick stimmen, aber möglicherweise falsch oder unzureichend gemessen wurden.
Von Steffen Mau im Buch Das metrische Wir (2017) im Text Quantifizierung des Selbst: Balken und Kurven auf Seite 174Der Glaube an die Vermessbar- und Quantifizierbarkeit des Lebens beherrscht das digitale Zeitalter insgesamt. Auch »Quantified Self« huldigt diesem Glauben. Der Körper wird mit Sensoren versehen, die automatisch Daten erfassen. Gemessen werden Körpertemperatur, Blutzuckerwerte, Kalorienzufuhr, Kalorienverbrauch, Bewegungsprofile oder Fettanteile des Körpers. Bei der Meditation werden Herzschläge aufgezeichnet. Selbst bei der Entspannung zählt Leistung und Effizienz. Auch Befindlichkeiten, Gemütszustände und alltägliche Aktivitäten werden protokolliert. Durch diese Selbstvermessung und Selbstkontrolle soll die körperliche und geistige Leistung gesteigert werden. Die schiere Datenmenge, die sich dabei anhäuft, beantwortet jedoch nicht die Frage: Wer bin ich? Auch »Quantified Self« ist eine dadaistische Technik des Selbst, die dieses ganz des Sinnes entleert. Das Selbst wird bis zur Sinnleere in Daten zerlegt.
Von Byung-Chul Han im Buch Psychopolitik (2014) Verwandte Objeke
Verwandte Begriffe (co-word occurance) | Aktivitätstrackeractivity tracker(0.25) |
Verwandte Aussagen | Quantified Self widerspricht der Datensparspamkeit Quantified self fördert Gesundheit Quantified self kann die Zufriedenheit gefährden |
Häufig co-zitierte Personen
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Statistisches Begriffsnetz
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50. Seminartag des Bundesarbeitskreises der Seminar- und Fachleiter/innen e.V.
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Q & A - Session im Rahmen der Kaderausbildung für Pädagogische ICT-Verantwortliche
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Schulleitungstagung der Stadt Zürich
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Schulleitungsforum Basellandschaft, 26.05.2021 - Was machen wir mit der Digitalisierung?
Bildungsrat des Kantons Zug, 23.06.2021 - Mehr als 0 und 1?
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Netzwerktreffen Digitalisierung, Schweizer Stiftungen, 20.10.2021 - Anforderungen an die Lehrkräftebildung MIT - ÜBER - IN digitalen Medien
QLB-BMBF-Kongress Berlin, 22.11.2021 - Digidaktik oder Datadaktik
Was machen wir mit der Digitalisierung an den Schulen?
GDI Rüschlikon, 22.03.2022 - Gedanken zu neuen, neuen Lernwelten
Begegnungstag, hep Verlag, 26.03.2022 - Mehr als 0 oder 1?
Ausgabe 2023
CAS Digital Leadership in Education, PHZH, 08.07.2022 - Digi-was?
Austausch mit dem AVS Schwyz, 24.01.2023
3 Einträge in Beats Blog
Erwähnungen auf anderen Websites im Umfeld von Beat Döbeli Honegger
Website | Webseite | Datum |
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Wiki zum Dagstuhl-Dreieck | Beispiel Activity-Tracking | 05.04.2016 |
Zitationsgraph
Zeitleiste
44 Erwähnungen
- Internet - Segen oder Fluch (Kathrin Passig, Sascha Lobo) (2012)
- 3. Das missverstandene Neue - Vom Umgang mit Erfindungen und Entwicklungen
- Der programmierte Mensch - Wie uns Internet und Smartphone manipulieren (Thomas R. Köhler) (2012)
- Mein digitales Ich - Wie die Vermessung des Selbst unser Leben verändert und was wir darüber wissen müssen (Christine Grasse, Ariane Greiner) (2013)
- Standardsituationen der Technologiekritik (Kathrin Passig) (2013)
- Der vermessene Mensch - Mit Apps protokollieren immer mehr Leute besessen ihre Körperdaten. (Thomas Widmer) (2013)
- Acht Gramm Personal Trainer - Aktivitätstracker zum Umbinden oder In-die-Tasche-stecken (Jan-Keno Janssen) (2013)
- The PLE Conference 2013 - Learning and Diversity in the Cities of the Future (Ilona Buchem, Graham Attwell, Gemma Tur) (2013)
- Gamifying Quantified Self Approaches for Learning - An Experiment with the Live Interest Meter (Benedikt S. Morschheuser, Verónica Rivera-Pelayo, Athanasios Mazarakis, Valentin Zacharias)
- Dataismus und Nihilismus (Byung-Chul Han) (2013)
- The Naked Future - What Happens in a World That Anticipates Your Every Move? (Patrick Tucker) (2014)
- 2. The Signal from Within
- Psychopolitik - Neoliberalismus und die neuen Machttechniken (Byung-Chul Han) (2014)
- Horizon Report 2014 - Higher Education Edition (Laurence F. Johnson, S. Adams Becker, V. Estrada, A. Freeman) (2014)
- Ch@nge - 19 Key Essays on How the Internet Is Changing Our Lives (2014)
- The Internet of Things: Outlook and Challenges (Juan Ignacio Vázquez)
- Thema Medienevolution - Funkkorrespondenz 34/2014 (2014)
- The Stack - On Software and Sovereignty (Benjamin H. Bratton) (2015)
- c't 3/2015 (2015)
- Big Brother und die Körperdaten - Cloud-Zwang, Datenschutz und Versicherungen: Sind Aktivitätstracker gefährlich? (Jan-Keno Janssen)
- Die Herrschaftsformel - Wie Künstliche Intelligenz uns berechnet, steuert und unser Leben verändert (Kai Schlieter) (2015)
- 300 Keywords Informationsethik - Grundwissen aus Computer- Netz- und Neue-Medien-Ethik sowie Maschinenethik (Oliver Bendel) (2016)
- Only Humans Need Apply - Winners and Losers in the Age of Smart Machines (Thomas H. Davenport, Julia Kirby) (2016)
- Self-Tracking (Gina Neff, Dawn Nafus) (2016)
- The Quantified Self (Deborah Lupton) (2016)
- Mehr als 0 und 1 - Schule in einer digitalisierten Welt (Beat Döbeli Honegger) (2016)
- Digitale Depression - Wie neue Medien unser Glücksempfinden verändern (Sarah Diefenbach, Daniel Ullrich) (2016)
- Digitalisierung und schulische Bildung - Anhörung durch die Enquetekommission «Kein Kind zurücklassen - Rahmenbedingungen, Chancen und Zukunft schulischer Bildung in Hessen», Thema - Digitalisierung (Ralf Lankau) (2016)
- Medienbildung und informatische Bildung - quo vadis? (Klaus Rummler, Beat Döbeli Honegger, Heinz Moser, Horst Niesyto) (2016)
- smarte worte - Das kritische Lexikon der Digitalisierung (Martha Dörfler, Sabine Nuss, Patrick Stary, Rosa-Luxemburg-Stiftung) (2016)
- Das metrische Wir - Über die Quantifizierung des Sozialen (Steffen Mau) (2017)
- 6. Quantifizierung des Selbst: Balken und Kurven
- 9. Transparenz und Disziplinierung
- Kein Mensch lernt digital - Über den sinnvollen Einsatz neuer Medien im Unterricht (Ralf Lankau) (2017)
- Quantified Self - Schnittstelle zwischen Lifestyle und Medizin (Ursula Meidert, Mandy Scheermesser, Yvonne Prieur, Stefan Hegyi, Kurt Stockinger, Gabriel Eyyi, Michaela Evers-Wölk, Mattis Jacobs, Britta Oertel, Heidrun Becker) (2018)
- Hände weg vom Gehirn! (Annett Stein) (2018)
- Lehrmittel in einer digitalen Welt (Beat Döbeli Honegger, Michael Hielscher, Werner Hartmann) (2018)
- Die Zukunft der Datenökonomie - Zwischen Geschäftsmodell, Kollektivgut und Verbraucherschutz (Carsten Ochs, Michael Friedewald, Thomas Hess, Jörn Lamla) (2019)
- 1. Einführung: Die Zukunft der Datenökonomie - Zwischen Geschäftsmodell, Kollektivgut und Verbraucherschutz (Thomas Hess, Jörn Lamla)
- Die Gesellschaft der Wearables - Digitale Verführung und soziale Kontrolle (Anna-Verena Nosthoff, Felix Maschewski) (2019)
- Big Data, Datafizierung und digitale Artefakte (Stefan Iske, Johannes Fromme, Dan Verständig, Katrin Wilde) (2020)
- Gezählte Schritte sehen - Zur Transformation ästhetischer Bewegungserfahrungen im Rahmen digital unterstützter Zählpraktiken (Franz Krämer, Burkhard Schäffer, Denise Klinge)
- Technology Review 4/2020 (2020)
- Die Vermessung des Glücks (Christian Wolf)
- Verspielte Zukunft durch digitale Bildungswunder - Anmerkungen zum Beitrag „3 Fragen an …“ mit Antworten von Dr. Nando Stöcklin, PH Bern, unter dem Titel: „Arbeit für eine verspielte Zukunft“. (Ralf Lankau) (2020)
- Technologies of Speculation - The Limits of Knowledge in a Data-Driven Society (Sun-ha Hong) (2020)
- Du gehörst uns! - Die psychologischen Strategien von Facebook, TikTok, Snapchat & Co – und wie wir uns vor der großen Manipulation schützen (Christian Montag) (2021)
- Data Lives - How Data Are Made And Shape Our World (Rob Kitchin) (2021)
- Entsolidarisiert die Smartwatch? - Szenarien für ein datafiziertes Gesundheitssystem (Jakub Samochowiec, Andreas Müller2) (2021)
- Beyond Measure - The Hidden History of Measurement (James Vincent) (2022)
- 10. The Managed Life
- New Perspectives in Critical Data Studies - The Ambivalences of Data Power (Andreas Hepp, Juliane Jarke, Leif Kramp) (2022)
- Transnational Networks of Influence - The Twitter Presence of the Quantified Self and Maker Movements’ Organizational Elites (Anne Schmitz, Heiko Kirschner, Andreas Hepp)
- Algorithmen und Autonomie - Interdisziplinäre Perspektiven auf das Verhältnis von Selbstbestimmung und Datenpraktiken (Dan Verständig, Christina Kast, Janne Stricker, Andreas Nürnberger) (2022)
- Algorithmen und Autonomie - Interdisziplinäre Perspektiven auf das Verhältnis von Selbstbestimmung und Datenpraktiken
- Geist in der Maschine - Über Bildung, Schein und Wahrheit im Digitalzeitalter (Thomas Damberger)