Ralf Lankau thematisiert den historischen Kontext und zugrunde liegende wirtschaftliche Interessen des Digitalisierungshypes. So wird die Grundsatzfrage, was Schule vermitteln soll, seit etwa 200 Jahren kontrovers diskutiert: Bildung oder Ausbildung? Historisch belegt sind außerdem wiederholte Versuche, Unterricht und Lernprozesse kybernetisch zu steuern. Aus humanitärer Sicht lautet die zentrale Frage: Kann man Lernprozesse wie Produktionsprozesse steuern und quantifizieren? Bildung 4.0 in Analogie zu Industrie 4.0?

Controlling ist ein Begriff aus der Wirtschaftslehre und bezeichnet nicht Kontrolle, sondern Prozesssteuerung. Definierte Ziele werden durch kleinteilige Messungen und permanente Überwachung aller Arbeitsschritte und Handlungen der beteiligten Personen protokolliert und stetig optimiert. Dieses Konzept der Planungs-, Koordinations- und Kontrollaufgaben wird beim »Bildungs-Controlling« auf Schulen und Hochschulen übertragen. Ziel ist dabei die Produktion von Humankapital mit validierten Kompetenzen (vgl. dazu die Humankapitaltheorie von Gary Becker). Zwei Probleme gibt es dabei: Lernen und vor allem Verstehen lassen sich nicht automatisieren und auch nicht automatisiert prüfen. Und: Sozialsysteme unter dem Regime der Kennzahlen des Quality Management (QM) oder Total Quality Management (TQM) verlieren ihre Eigenschaft als soziale Systeme.