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Beats Biblionetz - Begriffe

Akademisierung der LehrerInnen-Bildung

iconBiblioMap Dies ist der Versuch, gewisse Zusammenhänge im Biblionetz graphisch darzustellen. Könnte noch besser werden, aber immerhin ein Anfang!

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iconSynonyme

Akademisierung der LehrerInnen-Bildung, Tertiarisierung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung, Akademisierung der Lehrerbildung

iconBemerkungen

Neu ist der Vorwurf der Praxisferne nicht. Bereits 1978 kritisierte ein junger Zürcher Kantonsrat namens Christoph Blocher die «Verintellektualisierung» der Lehrerbildung.
Von Martin Beglinger im Text Werdet Lehrer! (2009)
Remo LargoMit ihrer Akademisierung gehen die Pädagogischen Hochschulen in eine verhängnisvolle Richtung. Ihr wissenschaftlicher Auftrag führt dazu, dass sie zu wenig praxiserprobte Leute für die Lehre anstellen. So wie die Studenten unterrichtet werden, werden sie später die Kinder unterrichten.
Von Remo Largo im Text Der gute Schüler von heute ist ein Mädchen (2008)
Remo LargoDamit wurde eine unüberwindliche Hürde für viele Kandidaten errichtet, die sehr wohl über die notwendigen pädagogischen und sozialen Kompetenzen für den Lehrerberuf verfügen. Und zudem garantiert das Abitur in keiner Weise, dass diese beiden Grundkompetenzen eines Lehrers bei Hochschulstudenten auch wirklich vorhanden sind.
Von Remo Largo im Buch Schülerjahre (2009) auf Seite  253
Die Opfer dieser Revolution waren vor allem altgediente, begabte Praktiker, welche dem Nachwuchs die Kniffe des Unterrichtens beibrachten - im Nebenamt, doch sehr praxisnah. Das ist nicht mehr zulässig. Als Nichtakademiker wurden sie reihenweise entlassen und durch junge Wissenschaftler ersetzt, welche zwar tolle akademische Diplome haben, aber wenig bis gar keine praktische Schulerfahrung.
Von Martin Beglinger im Text Werdet Lehrer! (2009)
Die schwierige Aufgabe des Unterrichtens und Erziehens erfordert Kompetenzen des Wissens und Könnens, Reflexions- und Handlungsbefähigungen, die eine qualifizierte Grundausbildung und eine permanente berufsbegleitende Fortbildung bedingen. Dieser anspruchsvolle Studiengang muss Universitätsstatus haben. Er soll, wie in Genf vorgesehen, in vier Jahren zu einem akademischen Titel führen, zu einem Lizentiat, der "licence avec mention education".
Von Roudy Grob im Journal Universitäre Lehrerbildung (1993) im Text Die universitäre Ausbildung der Lehrkräfte für die Vorschule, die Primarstufe und den Spezialunterricht
Lucien CriblezGeht man von der derzeit üblichen Kritik am im Vergleich zu den ehemali gen Seminaren mangelnden Praxisbe zug aus muss zunächst festgestellt wer den dass diese Kritik für die meisten Lehrerbildungsinstitutionen empirisch falsch ist Die Anerkennungsreglemente der Schweizerischen Konferenz der kan tonalen Erziehungsdirektoren EDK die Mindeststandards definieren ver langen heute dass 20 Prozent der Ausbildungszeit für die berufspraktische Ausbildung verwendet werden.
Von Lucien Criblez im Text Praxisferne Lehrerbildung (2011)
Der Spagat zwischen Theorie und Praxis ist auch deshalb schmerzhafter geworden, weil die Pädagogischen Hochschulen vom Bund zwar den Auftrag zu einer akademischen Lehrerbildung haben — doch mit einer Studentenschaft, die mit Wissenschaft wenig anfangen kann. Der Bildungsforscher Stefan Denzler hat belegt, dass die Mehrheit diese Ausbildung wählt, weil sie eben gerade nicht ein anspruchsvolles wissenschaftliches Studium machen will. Man sucht eine kurze, praxisnahe, nicht allzu fordernde Ausbildung.
Von Martin Beglinger im Text Werdet Lehrer! (2009)
Der Ehrgeiz, wissenschaftlich orientierte Hochschule zu sein, liess nicht nur die praktische Berufsausbildung angehender Lehrer an den Pädagogischen Hochschulen verkümmern. Die Pädagogischen Hochschulen wurden mit diesem Ehrgeiz vielmehr zum «Auffangbecken für Minimalisten». Viel zu viele Absolventen der Pädagogischen Hochschulen entwickeln gar nicht den Willen, je als Lehrer vor einer Schulklasse zu stehen. Sie sind lediglich darauf aus, auf billigstem Weg zu einem akademischen Titel zu kommen.
Von SVP Schweizerische Volkspartei im Text Lehrer-Lehre statt Pädagogische Hochschulen (2012)
Die Tertiatisiemng der Lehrerinnen- und Lehrerbildung verlangt die Umrüstung des beruflichen Wissens der Lehrkräfte auf Wissenschaft, doch diese Umrüstung scheint gerade das nicht zu bringen, was man sich erhofft, nämlich eine Professionalisierung der beruflichen Tätigkeit. Die Schwierigkeiten der Nutzung der wissenschaftlichen Wissensform sind zu gross, als dass die pädagogische Praxis durch die "Verwissenschaftlichung" ihrer Wissensbasis gleichsam automatisch und auf Anhieb zu einem Mehr an Professionalität finden könnte.
Von Walter Herzog im Text Professionalisierung im Dilemma (1999)
Heinz MoserEin fundiertes Wissen über den schulischen Alltag gehört deshalb zur Ausbildung dazu. Das gilt ähnlich heute in handwerklichen Berufen, wo theoretisches Wissen immer wichtiger geworden ist. Der Übergang von Hauswart/innen zu «Facility Managern» bedeutet nicht nur, dass die Bezeichnung besser tönt. Er hängt auch mit einem Berufsprofil zusammen, das breiter und anforderungsreicher geworden ist. Das gilt auch für den Lehrberuf. Auch hier haben sich die Anforderungen gewandelt und sind im Vergleich zu früher komplexer und umfassender geworden.
Von Heinz Moser im Text Lehrpersonenbildung: Die Angst vor der «Akademisierung» (2022)
Heinz MoserAkademisierung ist nur dort schlecht, wo sie die Erfahrungen des Alltags durch lebensfernes Buchwissen ersetzt. Deshalb darf das Lehramtsstudium aus Angst vor der Akademisierung nicht durch ein Lehrdiplom «light» entwertet werden, um mehr Interessentinnen und Interessenten durchzuschleusen. Vielmehr muss der Beruf so ausgestaltet sein, dass er intellektuell und praktisch herausfordert. Auch vierjährige Masterstudiengänge sind nicht auszuschliessen, wenn sie neue Perspektiven für eine Karriere im Bildungssystem eröffnen. Nur wenn der Lehrberuf anspruchsvoll und gut bezahlt bleibt, wird er seine Anziehungskraft behalten und noch vergrössern.
Von Heinz Moser im Text Lehrpersonenbildung: Die Angst vor der «Akademisierung» (2022)
Henningsen (1981) hat vor einigen Jahren in bezug auf die Situation in Deutschland "Voraussagen zur Lehrerbildung" formuliert und diesen den Titel "Vom Klempner zum Schwätzer" gegeben. Der Klempner steht für das Bild des Lehrers als Handwerker, der weiss, wie man etwas macht und es auch machen kann, der Schwätzer ist derjenige, der sich wortreich darüber auslässt, warum man etwas tut, selber aber nicht fähig ist, seinen Elaboraten Folge zu leisten. Die Formel bringt zum Ausdruck, was vom Kontakt mit der Wissenschaft erwartet wird, nämlich ein Abheben auf die Metaebene, wo über Schule und Unterricht wortreich argumentiert wird, vom Schulehalten aber keiner eine Ahnung hat.
Von Walter Herzog im Text Professionalisierung im Dilemma (1999)
Doch die PH sind heute viel mehr als kom mune Lehrerschulen Sie leisten sich For schungsgruppen lassen ihre Studenten Arbei ten über Humor oder Gender schreiben und verleihen ihnen Titel wie Master und Bachelor Dass die Ausbildung einen uni versitären Touch erhielt entspricht dem Willen der Politik So schreibt die eidgenössische Konferenz der Bildungsdirektoren EDK vor dass auch noch die kleinste PH Forschung betreiben muss um anerkannt zu werden Ob das der Lehrerausbildung gut bekommt ist seit den Anfängen des PH Systems umstritten Anhänger der alten Lehrerseminare warnen vor einer Akademisierung die den prakti schen Geist der Lehrerseminare ersticken werde Die SVP forderte vor einem Jahr gar die Einführung einer Lehrer Lehre ohne pädagogische Hochschulen fand aber kaum Widerhall
Von Luden Scherrer im Text Hohe Schule des pädagogischen Blablas (2013)
Remo LargoPädagogik ist kein abstraktes Fach wie theoretische Physik, sondern eine Erfahrungswissenschaft. Vorlesungen sind gut, aber praktische Erfahrungen sind besser. Das gilt auch in Bezug auf das Kind und seine Entwicklung. Selbstverständlich sollten Pädagogikstudenten Vorlesungen über Entwicldungspsychologie hören, damit sie eine Vorstellung davon bekommen, wie sich Kinder entwickeln und wie groß die Vielfalt unter ihnen ist. Es wäre aber eine Illusion zu erwarten, dass Vorlesungen über das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung von Erik Erikson oder über die Moralentwicldung nach Lawrence Kohlberg die Studenten in irgendeiner Weise dazu befähigen, mit Kindern kompetent umzugehen. Niemand würde ernsthaft behaupten, dass selbst 1000 Vorlesungsstunden über Tanz aus einer Studentin eine Balletttänzerin machen.
Von Remo Largo im Buch Schülerjahre (2009) auf Seite  253
Ohne sich ernsthaft Rechenschaft über dessen Sinn zu geben, folgt die Schweiz einem internationalen Trend zur Akademisierung aller möglichen Ausbildungsgänge. So wurden die Lehrerseminare abgeschafft und durch Pädagogische Hochschulen ersetzt. Fünfzehn gibt es davon in der Schweiz, manche sind bloss Splitterhochschulen wie diejenige von Zug oder die von Schwyz, die zur Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz gehören. Damit einher geht eine Inflation der Titel. Ehemalige Seminarlehrer, die an eine Pädagogische Hochschule gewechselt haben, nennen sich nun plötzlich «Professoren». Wie aus dem «Bildungsbericht Schweiz» hervorgeht, einer Bestandsaufnahme, die von Bund und Kantonen in Auftrag gegeben wurde, liegen die Ausbildungskosten für Lehrer um dreissig Prozent über dem Durchschnitt der Fachhochschul-Studiengänge. Auf einen Dozenten kommen nur knapp neun Studenten, es gibt zu viele und zu kleine Schulen.
Von Philipp Gut im Text Teures Versuchslabor (2007)
Mittels geschwollen formulierter, die akademischen Ansprüche ihrer Urheber plakativ in den Vordergrund stellender Ausflüchte versuchen die Pädagogischen Hochschulen von ihrem Versagen abzulenken – etwa, wenn sie ihre Umwelt belehren wollen, dass heutige Lehrer-Ausbildung eben «auf der Meta-Ebene» angesiedelt sei, womit jedem Auszubildenden, wenn er die ihm vermittelten theoretischen Kenntnisse einmal beherrsche, deren Anwendung und Umsetzung im Schulalltag mehr oder weniger in den Schoss falle. Dass der Beruf des Unterrichtens mit individuellen Fähigkeiten, vor allem auch mit der im Lauf der Berufsjahre wachsenden Erfahrung der Lehrerinnen und Lehrer zu tun hat und deshalb nicht als Einheits- Theorie vermittelt werden kann, wird ausgeklammert. Der Versuchung, sich in scheinbar gelehrter Theorie zu ergehen, wird nicht widerstanden – auch wenn man damit anstelle von praxistauglicher Schulführung höchstens akademischen Dünkel züchtet.
Von SVP Schweizerische Volkspartei im Text Lehrer-Lehre statt Pädagogische Hochschulen (2012)
PHZ-Inforum 10/2010Dabei hat in der breiten Bevölkerung und in einigen Kreisen der Politik «Akademisierung» einen schlechten Klang. Es tönt nach Elfenbeinturm, Abgehobenheit, Praxisferne, Standesprivilegien. «Akademisierung» suggeriert, dass Studienabgänger/innen mit Theorien vollgestopft sind, die sie dann im Schulalltag nicht umsetzen können. Oft wird auch argumentiert, «akademisch» 10/2010 ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer hätten die Kinder nicht gern, auf alle Fälle weniger gern als nichtakademisch ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Solche Argumente sind nicht neu. Schon vor der Entscheidung, PHs in der Schweiz aufzubauen, bildete sich grosser Widerstand gegen die Abschaffung der Seminare auch mit dem Argument, Wissenschaftsorientierung und Persönlichkeitsbildung seien Gegensätze, und die Tertiarisierung der Lehrerbildung sei mit der Opferung der Persön lichkeitsbildung auf dem Altar des akademischen Wissens verbunden. (Criblez 2010; EDK in press). Ich finde, wir müssen gerade von den Pädagogischen Hochschulen her klären, was für die Lehrer/innenbildung «Akademisierung» heisst.
Von Willi Stadelmann in der Zeitschrift PHZ-Inforum 10/2010 (2010) im Text Gehört die Lehrerbildung an die Universität? auf Seite  4
Remo LargoDarin liegt eine zusätzliche Schwierigkeit aller Hochschulen, nicht nur der pädagogischen: Die Dozenten sind häufig weniger der Lehre, als vielmehr der wissenschaftlichen Forschung verpflichtet. Akademische Karrieren honorieren nicht eine gute Lehrtätigkeit, sondern den wissenschaftlichen Erfolg. So werden an den Hochschulen bevorzugt Dozenten angestellt, die eine wissenschaftliche Befähigung haben und wissenschaftlich tätig sein wollen. Diese Dozenten sind jedoch nicht unbedingt geeignet für den Unterricht. Sie haben oft kaum oder nie Schule gegeben. Das ist etwa so, als würden Medizinstudenten von Dozenten unterrichtet, die selber kaum oder überhaupt keine Erfahrung mit Patienten haben. Solche Dozenten sind für die Studenten nicht glaubwürdig. Ich bin der festen Meinung, dass Dozenten, die Lehrer ausbilden, zu regelmäßigem Unterricht in einer Schule verpflichtet werden müssen. Denn nach einigen Jahren ausschlieBlicher Lehrtätigkeit an der Hochschule kommt jedem Dozenten der Realitätsbezug abhanden, sei er nun Pädagoge oder Mediziner. Wie bei den Pädagogen gibt es auch bei den Medizinern bestens ausgewiesene Wissenschaftler, die als Dozenten nichts taugen. Ihnen sollte man die Lehrtätigleit ersparen, denn sie machen nicht nur die Studenten unglücklich, sondern auch sich selbst. Dies setzt allerdings voraus, dass man die längst überholte, traditionelle Vorstellung vom Dozenten, der Wissenschaft und Lehrerberuf in Personalunion vereint, endlich aufgibt.
Von Remo Largo, Martin Beglinger im Buch Schülerjahre (2009) auf Seite  257

iconVerwandte Objeke

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Verwandte Begriffe
(co-word occurance)
Akademisierung(0.05)

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