digitaler Schereneffekt |
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Synonyme
digitaler Schereneffekt, Schereneffekt, digitaler
Definitionen
Digitalisierung erhöht die Leistungs-Heterogenität zwischen Schüler:innen. Einerseits ziehen bessere Schüler:innen aus digitalen Werkzeugen und Medien mehr Nutzen als schlechtere Schüler:innen. Andererseits lassen sich kognitiv einfachere Aufgaben durch Digitalisierung automatisieren, so dass das allgemeine Anspruchsniveau an menschliche Tätigkeiten steigt, was wiederum schwächere Schüler:innen stärkt heraus- bzw. überfordert als bessere Schüler:innen.
Von Beat Döbeli Honegger, erfasst im Biblionetz am 02.01.2023Bemerkungen
Der Schereneffekt ist nicht linear - insbesondere Schüler:innen mit besonderen Bedürfnissen können von digitalen Werkzeugen und Medien überproportional profitieren.
Von Beat Döbeli Honegger, erfasst im Biblionetz am 22.12.2022Solange auch die schlechteren Schüler:innen von digitalen Werkzeugen und Medien profitieren (d.h. besser arbeiten und lernen können als ohne) ist der Schereneffekt kein Argument gegen Digitales in der Schule - die grössere Heterogenität muss einfach aufgefangen werden.
Von Beat Döbeli Honegger, erfasst im Biblionetz am 22.12.2022Bezüglich Heterogenität sind Adaptivität und individuelles Lerntempo zweischneidige Schwerter. Zwar erlauben sie, besser auf
die bereits vorhandenen Voraussetzungen der Lernenden einzugehen, doch letztlich profitieren die besseren Schülerinnen und Schüler stärker davon als die schwächeren, sodass sich die Heterogenität verstärken
kann.
Von Beat Döbeli Honegger im Buch Mehr als 0 und 1 (2016) im Text Warum gehört das Digitale in die Schule? Allerdings deuten die ersten Ergebnisse der Nutzung von ChatGPT in den Schulen leider daraufhin, dass wir einen leichten intellectual divide haben. Das bedeutet, dass die guten Schülerinnen und Schüler sehr kompetent mit den Tools umgehen und ganz stark davon profitieren, während die schwächeren Schülerinnen und Schüler solchen Tools quasi blind vertrauen und sich selber zu stark zurücknehmen.
Von Doris Weßels im Text ChatGPT kommt wie ein Erdbeben über uns (2023) Wird die Heterogenität
in der Schule noch grösser, weil sich auch
bei grossen Sprachmodellen zeigt, dass
Schülerinnen und Schüler mit rascher Auffassungsgabe
mehr aus den neuen Möglichkeiten
herausholen können als andere? Oder
helfen solche Werkzeuge insbesondere
denjenigen,
die bisher Mühe haben in der
Schule, weil die Werkzeuge adaptiv unterstützen
können und andere Kompetenzen
wichtiger werden?
Von Beat Döbeli Honegger im Text Was steckt hinter dem ChatGPT-Hype? (2023) Je geringer das Vorwissen von Schülerinnen und Schülern
ist und je weniger ausgeprägt ihre Fähigkeiten zur Steuerung der eigenen Lernprozesse und ihre
grundsätzlichen kognitiven bzw. intellektuellen Fähigkeiten (z. B. in Bezug auf komplexes Denken)
sind, desto weniger profitieren sie von spezifischen Medienangeboten, insbesondere wenn
diese außerhalb von formalen Lehr- und Lernprozessen zum Einsatz kommen.
Von Bardo Herzig im Text Wie wirksam sind digitale Medien im Unterricht? (2014) Werden durch KI schwache Schülerinnen und Schüler gefördert oder eben gerade diskriminiert?
Schwierig zu sagen. Agile Schülerinnen und Schüler wissen die Möglichkeiten digitaler Werkzeuge im Allgemeinen besser zu nutzen. Gute digitale Umgebungen können künftig aber auch individuellere Lernunterstützung bieten. Längerfristig dürfte die Digitalisierung die Welt kognitiv noch komplexer machen und die Anforderungen beispielsweise im Berufsleben weiter erhöhen.
Von Beat Döbeli Honegger im Text Wie klug ist künstliche Intelligenz? (2023) Schwierig zu sagen. Agile Schülerinnen und Schüler wissen die Möglichkeiten digitaler Werkzeuge im Allgemeinen besser zu nutzen. Gute digitale Umgebungen können künftig aber auch individuellere Lernunterstützung bieten. Längerfristig dürfte die Digitalisierung die Welt kognitiv noch komplexer machen und die Anforderungen beispielsweise im Berufsleben weiter erhöhen.
Bezüglich heterogener Gruppen
zeigen Studien, dass das fachliche und das medienspezifische Vorwissen der Lernenden die stärksten
Prädiktoren für den digitalen Lernerfolg sind (Herzig, 2014). Lernende mit Fähigkeit zur Selbststeuerung und zur Anwendung von Lernstrategien haben nicht nur einen größeren Lernerfolg (Herzig,
2014), sie können auch stärker von digitalen Medien profitieren. Daraus lässt sich die Folgerung ableiten, dass Lernende mit Defiziten in diesen Bereichen weniger von digitalen Medien profitieren
können.
Von Mirjam Pfister, Roland Stähli im Text Digitale Medien an Berufsfachschulen - Wo steht die Schweiz? (2019) Eine weitere wichtige Einflussvariable sind Fähigkeiten der Selbststeuerung bzw. Lernstrategien,
über die Schülerinnen und Schüler verfügen. Sind diese Fähigkeiten in ausgeprägterer Weise vorhanden,
können Schülerinnen und Schüler von digitalen Lernangeboten stärker profitieren als andere.
Das hängt u. a. damit zusammen, dass je nach Medienangebot unterschiedlich starke Voraussetzungen
in Bezug auf die Selbststeuerung von Lernprozessen, d. h. auf motivationale, volitionale
und metakognitive Fähigkeiten, erforderlich sind.
Von Bardo Herzig im Text Wie wirksam sind digitale Medien im Unterricht? (2014) Es droht eine Kompetenzschere.
Die Erfahrungen über die Jahre haben
gezeigt, dass gute Schülerinnen
und Schüler mit neuen Technologien
schneller und besser zurechtkommen,
sei es bei den ersten PCs im Schulzimmer
oder den heutigen Mobilgeräten.
Die Schülerschaft mit tieferen Noten
hat eher Mühe, frische digitale Werkzeuge
zu ihrem eigenen Nutzen einzusetzen.
Beat Döbeli Honegger: «Dies
hat bereits in der Vergangenheit zu
einer Vergrösserung des Leistungsspektrums
geführt.» Bei Text-Robotern
dürfte das nicht anders sein.
Von Geri Holdener im Text Professor der PH Schwyz testet Textroboter und gibt Tipps für Schulen (2023) The lack of concrete conclusion may partially be
due to the inherent difficulty of causal inference – that is, to prove access and usage
of technology causes the change of students’ learning outcomes. Additionally, the
majority of existing literature concerned with outcomes is based on nonrepresentative
small samples and tests the effect of a specific kind of technology/
intervention. The mixed findings are thus highly contextualized and noncomparable.
Future research is needed to offer deeper understanding of the relationship of
technology and equity.
Von Mark Warschauer, Ying Xu im Buch Second Handbook of Information Technology in Primary and Secondary Education (2018) im Text Technology and Equity in Education Ich befürchte, dass sich der Schereneffekt schwerlich mit einer sauberen empirischen Studie wird nachweisen oder widerlegen lassen.. Einerseits wird es schwierig sein, "schwächere SchülerInnen" zu operationalisieren, andererseits dürfte vor allem die nicht schulische Computernutzung schwer kontrollierbar / erfassbar sein.
Am ehesten wäre für mich der Schereneffekt in einer grossen Längsschnittstudie wie PISA erkennbar, wo sich evtl. die gemessenen Leistungen von Schülerinnen und Schülern auseinanderbewegen. Bei einer solchen Untersuchung wird es dann aber schwierig, Kausalitäten herzustellen.
Von Beat Döbeli Honegger, erfasst im Biblionetz am 09.01.2023Am ehesten wäre für mich der Schereneffekt in einer grossen Längsschnittstudie wie PISA erkennbar, wo sich evtl. die gemessenen Leistungen von Schülerinnen und Schülern auseinanderbewegen. Bei einer solchen Untersuchung wird es dann aber schwierig, Kausalitäten herzustellen.
Zu Chancen und Herausforderungen digitaler Medien befragt, äußerten sich die Lehrpersonen positiv zu neuen Möglichkeiten wie Lern-Apps, Vertonung von PowerPoint-Präsentationen und vermehrter Nutzung von Internetseiten. Aufgefallen sind den
Lehrpersonen einerseits die großen Unterschiede
bezüglich Medienkompetenz. Andererseits konnten
sie auch beobachten, dass sich durch den Einsatz
digitaler Lehrmittel die Kluft zwischen leistungsstarken und leistungsschwächeren Lernenden vergrößerte. So bedienten einige Lernenden die Software intuitiv, während andere bereits mit dem
Notebook und dem Verfassen von E-Mails Schwierigkeiten hatten. Deshalb muss die Medienkompetenz der Lernenden von der Berufsfachschule so
gefördert werden, dass alle vom Einsatz digitaler
Medien profitieren können. Die Auswirkung digitaler Medien auf die Leistungsheterogenität an Berufsfachschulen bedarf weiterer Untersuchungen.
Von Mirjam Pfister, Roland Stähli im Text Digitale Medien an Berufsfachschulen - Wo steht die Schweiz? (2019) Die Frage, welche Schülergruppen vom Einsatz digitaler Medien am stärksten profitieren, lässt
sich pauschal nicht mit gruppenspezifischen Merkmalen beantworten. Unterschiede im Bereich
individueller Wirkungen, insbesondere beim Lernerfolg, lassen sich allerdings durch einzelne
Faktoren aufklären (vgl. z. B. Weidenmann 1993; Büchter et al. 2003; Conradty 2011). Den bedeutendsten
Faktor für die Vorhersage von Lernerfolg (sogenannter Prädiktor) stellt das thematische
und medienbezogene Vorwissen dar. Dies bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler, die bereits
über ein stärkeres Vorwissen verfügen, von digitalen Medienangeboten auch am stärksten profitieren
können. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass neue Wissensbestände auf breiteres Vorwissen
treffen und damit besser angedockt und verankert werden können. Vorwissen als stärkster
Prädiktor für Lernerfolg gilt im Übrigen generell, d. h. nicht nur in Bezug auf Lernerfolg im
Zusammenhang mit digitalen Medien.
Von Bardo Herzig im Text Wie wirksam sind digitale Medien im Unterricht? (2014) Another important question is whether the use of laptops by diverse learners helps bridge the achievement gaps among student groups. The positive impact of school technological programs on disadvantaged students was identified in a number of studies (see, e.g., Warschauer et al. 2014). However, these positive goals for at-risk learners are not achieved in all programs. For example, a study in the USA explores the impact of one-to-one computing on student achievement in Ohio high schools as measured by performance on the Ohio Graduation Test (Williams and Larwin 2016). The sample included 24 treatment schools that were individually paired with a similar control school. Overall, examining the full sample, student performance and content-specific achievement in math, reading, science, social studies, and writing were not significantly affected by the introduction of the one-to-one program. However, when broken down into demographic groups, the results show that Black students in the treatment group performed lower than their peers in control groups.
Von Mark Warschauer, Ying Xu im Buch Second Handbook of Information Technology in Primary and Secondary Education (2018) im Text Technology and Equity in Education Verwandte Objeke
Verwandte Begriffe (co-word occurance) | |
Verwandte Aussagen | Generative Machine-Learning-Systeme erhöhen den digitalen Schereneffekt |
Häufig erwähnende Personen
Statistisches Begriffsnetz
22 Vorträge von Beat mit Bezug
- Digitalisieren Sie noch?
ICT-Kadertag "Begleiten in der Mediengesellschaft" der PHZG
Gemeindesaal Steinhausen, 16.09.2020 - Mehr als 0 und 1?
Ausgabe 2021
CAS Digital Leadership, 09.07.2021 - Mehr als 0 oder 1?
Ausgabe 2023
CAS Digital Leadership in Education, PHZH, 08.07.2022 - ChatGPT - der iPhone-Moment für KI?
Klausur PHSZ, Oberägeri, 14.02.2023 - ChatGPT und die (informatische (Schul-))Bildung
Ausschuss "Bildung, Fachkräfte und Diversität" von digitalswitzerland, 07.03.2023 - ChatGPT & Co.: Klares und Unklares
Institutskonferenz F&E PH FHNW, 20.03.2023 - Schule, Digitalisierung und die Rolle der Informatik
Landesinformatiktag Hamburg und Schleswig-Holstein, 25.03.2023 - ChatGPT - der iPhone-Moment des maschinellen Lernens
AG Fremdsprachen Kammer PH swissuniversities, 25.05.2023 - ChatGPT - der iPhone-Moment des maschinellen Lernens
NMS Bern, 07.06.2023 - KVreform GPT
Kaufmännische Berufsschule Schwyz, 05.07.2023 - BBZGPT
Berufsbildungszentrum Goldau, 17.08.2023 - Hoi Nachbar!
Vaduz, 06.09.2023 - Nachrichtenkompetenz – und jetzt auch noch ChatGPT & Co.
Tagung "Nachrichtenkompetenz auf Sekundarstufe II" von ZHAW und SRG public value, 03.11.2023 - ChatGPT & Co. – eine Etappe auf der Reise nach Digitalien
CAS Lernreise, 19.01.2024 - Wenn ChatGPT in der Lehrer:innenbildung mitredet
(Video des Referats)
Tag der Lehre der PHZH, 01.02.2024 - Was will uns ChatGPT sagen?
8. Pädagogischer Dialog Liechtenstein, Vaduz, 21.02.2024 - Sprachmaschinen.
Deutschsprachige AG Fremdsprachen der EDK, PHZH, 20.03.2024 - «Nach der Lektüre des Buches ist das leider nicht besser geworden»
CAS Digital Leadership in Education, PHZH, 22.03.2024 - Überfluten uns ChatGPT & Co.?
Tagung des Berufsverbands Schulleitungen Bern
Schwellenmätteli Bern, 24.05.2024 - GMLS - Wie sag ich‘s meinen Lehrer:innen (und der SL)?
Netzwerktreffen PICTS und ICT-Leiter:innen Kanton Schwyz, Uri & Glarus
PHSZ, 05.06.2024 - Generative Machine-Learning-Systeme in der Bildung
VR- und GL-Retraite der Orell Füssli Gruppe
Hasliberg, 12.06.2024 - Wenn das Digitale in der Bildung mitzureden beginnt
Bildungstag Kanton Glarus, 04.09.2024
Zitationsgraph
Zitationsgraph (Beta-Test mit vis.js)
Zeitleiste
15 Erwähnungen
- Wie wirksam sind digitale Medien im Unterricht? (Bardo Herzig) (2014)
- Mehr als 0 und 1 - Schule in einer digitalisierten Welt (Beat Döbeli Honegger) (2016)
- Second Handbook of Information Technology in Primary and Secondary Education (Joke Voogt, Gerald Knezek, Rhonda Christensen, Kwok-Wing Lai) (2018)
- Digitale Medien an Berufsfachschulen - Wo steht die Schweiz? (Mirjam Pfister, Roland Stähli) (2019)
- Professionelles Handlungswissen für Lehrerinnen und Lehrer - Lernen - Lehren - Können (Peter Greutmann, Henrik Saalbach, Elsbeth Stern) (2021)
- 2. Wer lehren will, muss das Lernen verstehen - Die kognitionspsychologischen Grundlagen des menschlichen Lernen (Elsbeth Stern)
- Professor der PH Schwyz testet Textroboter und gibt Tipps für Schulen (Geri Holdener) (2023)
- ChatGPT & Schule - Einschätzungen der Professur „Digitalisierung und Bildung“ der Pädagogischen Hochschule Schwyz (Beat Döbeli Honegger) (2023)
- Experimental Evidence on the Productivity Effects of Generative Artificial Intelligence (Shakked Noy, Whitney Zhang) (2023)
- Im Dialog mit dem Chatbot (Jörg Berger) (2023)
- ChatGPT kommt wie ein Erdbeben über uns (Doris Weßels, Dirk Reelfs, Laurén Haziak) (2023)
- ChatGPT und andere Computermodelle zur Sprachverarbeitung - Grundlagen, Anwendungspotenziale und mögliche Auswirkungen (Steffen Albrecht) (2023)
- Was steckt hinter dem ChatGPT-Hype? - Und was bedeutet dies für die Schulen? (Beat Döbeli Honegger) (2023)
- «Künstliche Intelligenz wird die Ungleichheit verringern» (David Autor, Armin Müller) (2023)
- Beat Döbeli: «Mit ChatGPT sind alle überfordert» (Beat Döbeli Honegger, Ivana Pribakovic) (2023)
- Künstliche Intelligenz in der Schule - Chancen nutzen, Herausforderungen meistern (LCH Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer) (2024)