Der Rückfall in den Faschismus ist die Urangst
der modernen demokratischen Gesellschaften.
Doch was lange etwas hysterisch
klang und unvorstellbar, erscheint inzwischen
ernst und real. Wladimir Putins imperiale Ambitionen.
Narendra Modis nationalistische
Hindu-Regierung in Indien. Der Wahlsieg
Giorgia
Melonis in Italien. Marine Le Pens
Normalisierungsstrategie in Frankreich. Javier
Mileis Sieg in Argentinien. Viktor Orbáns
autokratische Dominanz in Ungarn. Die
Comebacks der FPÖ in Österreich oder von
Geert Wilders in den Niederlanden. Die AfD
in Ostdeutschland. Nayib Bukeles autokratische
Herrschaft in El Salvador, eher unbeachtet,
aber erstaunlich zielstrebig, wo das
Parlament mit Waffengewalt zu Entscheidungen
gezwungen wird. Die drohende Wiederwahl
Trumps und die Angst davor, dass er in
einer zweiten Amtszeit wirklich ernst machen
könnte. Die Überfälle britischer Mobs auf
Migranten-
Unterkünfte. Der Neonazi-Aufmarsch
in Bautzen. Die Pandemie. Der Krieg
in der Ukraine. Die Inflation.
Die Selbstgewissheit, dass nach dem Ende
des Kalten Kriegs die Demokratie alternativlos
geworden sei, ihr Siegeszug unaufhaltsam,
scheint erschüttert, dieses Gefühl, dass die Welt
eigentlich in Ordnung ist und die fast 80 Jahre
Frieden in Westeuropa der Normalzustand.
Die Frage, ob eine Rückkehr des Faschismus
droht, wird nun ernsthaft diskutiert. Im
politischen Geschäft, in den Medien, unter
Bürgern und Bürgerinnen, an den Universitäten,
in den Thinktanks, unter Politologinnen
und Philosophen. Wiederholt sich Geschichte?
Gibt es einen neuen Faschismus? Helfen
historische Analogien? Was ist schiefgelaufen?
Und könnte es sein, dass die Demokratie
half, ein Monster zu erschaffen, vor dem sie
selbst am meisten erschrickt?
Von Lothar Gorris, Tobias Rapp im Text Die heimlichen Hitler (2024)