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Benennungsmacht | Mit »Benennungsmacht« bezeichnete der französische Soziologe Pierre Bourdieu (1985) die Fähigkeit, bestimmte Begriffe und Kategorien sowie Wahrnehmungs- und Repräsentationsschemata zu beeinflussen, zu autorisieren und ihnen quasioffiziellen Charakter zu verleihen.
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Campbells / Goodharts Gesetz | Besonders einflussreich ist in diesem Zusammenhang ein Aufsatz des US-amerikanischen Psychologen Donald T. Campbell geworden, der das nach ihm benannte »Campbell's Law« formuliert hat: »Je mehr ein quantitativer Indikator für soziale Entscheidungen herangezogen wird, desto stärker ist der korrumpierende Druck auf ihn und desto stärker verzerrt und korrumpiert er die sozialen Prozesse, die er eigentlich beobachten soll.« (Campbell 1979: 85).
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Chinesische Rattenplage | Das wohl am häufigsten angeführte und immer noch sehr prägnante Beispiel für Fehlsteuerungsrisiken durch indikatorenbasierte Anreizsysteme ist die Rattenplage in Hanoi um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert (vgl. Binswanger 2010). Als die Ratten sich immer stärker vermehrten und durch die Kanalisation auch in die reicheren Wohnviertel vordrangen, entschieden sich die französischen Kolonialherren, eine Prämie für getötete Ratten auszuloben. Zunächst wurden nur professionelle Rattenfänger in die Rohrsysteme geschickt, um der Plage Herr zu werden. Als die Erfolge ausblieben und sich die Ratten weiterhin vermehrten, wurden auch gewöhnliche Bürger aufgefordert, sich an der Aktion zu beteiligen. Pro Rattenschwanz wurde eine fixe Summe ausgelobt, was nicht nur dazu führte, dass tatsächlich mehr Ratten gefangen und getötet wurden, sondern auch dazu, dass immer mehr Ratten ohne Schwanz in der Stadt herumliefen. Die Bürger fingen zudem an, die Tiere selbst zu züchten, um die Prämie zu kassieren.
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reaktive Messungen | Der ehemalige IBM-Chef Louis V. Gerstner hat diesen Zusammenhang als oft zitierte Business-Weisheit auf den Punkt gebracht: »People don't do what you expect, but what you inspect.« Das Phänomen der ungewünschten Rückwirkungen von Indikatoren ist unter dem Begriff der reaktiven Messungen (Campbell 1957) recht gut bekannt. Dabei geht es um die kontaminierenden Wirkungen bestimmter Messvorgänge, insbesondere wenn es sich um Settings handelt, in denen Menschen beobachtet und analysiert werden.
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Social Credit System | Im Frühjahr 2015 hat die chinesische Regierung ein spektakuläres, ja geradezu revolutionäres Vorhaben angekündigt: Sie plant, bis zum Jahr 2020 ein sogenanntes Social Credit System zu entwickeln. Dafür sollen aus allen gesellschaftlichen Bereichen Daten über mdividuelles Verhalten eingesammelt, ausgewertet und schließlich zu einem einheitlichen Score zusammengeführt werden. Aktivitäten im Internet, Konsum, Verkehrsdelikte, Arbeitsverträge, Bewertungen von Lehrern oder Vorgesetzten, Konflikte mit dem Vermieter oder das Verhalten der eigenen Kinder - all das^kann in dieses System einbezogen werden und Auswirkungen auf den individuellen Social Score haben. Das System soll jeden erfassen, ob er oder sie das will oder nicht. Es geht darum, ein Gesamtbild des Wertes einer Person zu erstellen, auf dessen Grundlage ihr dann wiederum bestimmte Möglichkeiten auf dem Wohnungsmarkt, im Arbeitsleben oder beim Zugang zu Krediten eingeräumt werden. Behörden sollen auf diese Informationen zurückgreifen können, wenn sie mit Bürgern interagieren; Unternehmen sollen die Möglichkeit haben, sich auf diesem Weg ein Bild ihrer Geschäftspartner zu machen. Damit möchte die chinesische Regierung die Aufrichtigkeit ihrer Bürger belohnen und Unaufrichtigkeit sanktionieren. Das Vorhaben zielt erklärtermaßen auf die HerStellung von gesellschaftlichem Vertrauen, einer *Mentalität der Ehrlichkeit* - und zwar mit dem Mittel der totalen sozialen Kontrolle.
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