Polnische Schulbuchinitiative (OER)
Diese Seite wurde seit 4 Jahren inhaltlich nicht mehr aktualisiert.
Unter Umständen ist sie nicht mehr aktuell.
BiblioMap
Definitionen
Als Vorreiter bezüglich offener Schulbücher kann Polen und Griechenland
genannt werden. Polen startet dieses Jahr eine Initiative, die digitale
Schulbücher für die vierte bis sechste Schulstufe kostenlos zur Verfügung stellt.
Alle Schulbücher sollen mit der Creative-Commons-Lizenz CC-BY (siehe 2.7.1)
veröffentlicht werden, wodurch die Nutzung der Materialien gestattet wird,
sofern die Namen der Autor/innen angegeben werden. Dies ermöglicht das
Kopieren, Vervielfältigen und Bearbeiten der Inhalte.
Von Barbara Rossegger in der Masterarbeit Konzept für Open Educational Resources im sekundären Bildungsbereich (2012) auf Seite 17Auch im Bereich der offenen Lernressourcen gibt es spannende Pläne. So wird im Frühjahr 2012 berichtet, dass das Büro des polnischen Premierministers das „Digitale Schulpro-gramm“ beschlossen hat, das eine Initiative zu offenen, digitalen Lehrbüchern enthält: Mit 45 Millionen polnischen Zloty, das sind etwa 11 Millionen Euro, ist es das bisher größte polnische OER-Projekt, vermutlich ist es sogar das größte in Europa: Für die Schulstufen 4 bis 6 sollen alle notwendigen Schulbücher neu entwickelt und mit einer Creative-Com-mons-Lizenz veröffentlicht werden.
Von Martin Ebner, Sandra Schön im Buch Die Zukunft von Lern- und Lehrmaterialien (2012) auf Seite 26In Polen läuft seit 2012 das Pilotprojekt „Digitale Schule“, in dessen Rahmen staatlich finanzierte OER-Materialien für die Klassenstufen vier bis sechs produziert wurden. 2014 wurde dieses Projekt auf alle Klassenstufen und Fächer ausgeweitet. Das polnische Modell bestand darin, Experten aus dem Hochschulbereich als Redakteure für die neu zu erstellenden Materialien einzusetzen. Diese Redaktionsteams stellten im Folgenden Anfragen an Mitglieder der polnischen WikipediaCommunity, welche die Inhalte entweder zusammentrugen oder neu erstellten. Es erfolgte eine abschließende Qualitätskontrolle von staatlicher Seite. Alle Materialien werden unter CC-BY-SA und auf Basis des plattformunabhängigen XML-Standards veröffentlicht.
Von Leonhard Dobusch, Maximilian Heimstädt, Jennifer Hill im Text Open Educational Resources in Deutschland (2015) auf Seite 6Ein besonders instruktives Beispiel für die öffentliche Förderung von offener Bildung stellt die
polnische OER-Initiative dar. Das ‚Programm zur Digitalisierung des polnischen Ministerrats aus
dem Jahr 2012 hat weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt, weil es nicht nur die bessere Ausstattung
der Schulen mit Tablets und Computern, sondern auch die Erstellung von OER-Schulbüchern
für die Schulstufen 4 bis 6 der Primarstufe vorsah (vgl. Creative Commons Polska 2012).
Geldmittel zur öffentlichen Finanzierung der OER-Schulbücher hat das Bildungsministerium u. a.
aus einem Fonds genommen, der die Schulbücher für Familien bezahlt hat, die sich die jährlich
aufzubringenden 60 bis 120 Euro nicht leisten können. Treibende Kraft der Initiative war das
Versprechen der massiven Entlastung von Eltern (24 Millionen alleine im ersten Jahr, jährliche
Einsparungen von 168 Millionen Euro bis 2020) (vgl. Hagemann/Hugyecz 2016). Die Initiative
rief jedoch massive Gegenwehr vor allem der Bildungsmedienverlage hervor. Nachdem die Kritik
der Verlage auch nach zweijähriger Konsultation nicht beendet werden konnte, boykottierten
diese in der Folge zunächst mehrheitlich das Programm gl. Ślioski/Grodeka 2013) und
übten zudem scharfe Kritik in der Presse. Als das Bildungsministerium entschied, öffentliche Universitäten
mit der Entwicklung von OER-Schulbüchern zu beauftragen, bedrohten die Schulbuchverlage
Vertreter_innen der Universitäten mit rechtlichen Schritten (vgl. Tarkowski [o. J.]).
Auch involvierte Vertreter_innen der Ministerien wurden in den Beiträgen der Verlage massiv kritisiert. Die Auseinandersetzung eskalierte im Juni 2012, als die polnischen Bildungsmedienverlage
sich an den Präsidenten der Europäischen Kommission wandten und sich – jedoch
erfolglos – über illegitime staatliche Markteingriffe beschwerten. Schlussendlich bewarb sich
nur ein Verlag auf die öffentlichen Ausschreibungen und bekam neben drei Hochschulen den
Zuschlag für eins der Teilprojekte (vgl. Tarkowski [o. J.]). Nicht nur die Ausschreibung, sondern
auch die Einführung der polnischen OER brachte Komplikationen: So wurden in Ausschreibungen
CC-Lizenzen gefordert, die es nicht möglich machten, die Materialien auf anderen mit
öffentlichen Geldern geförderten Portalen zu veröffentlichen, bei denen weitere rechtliche
Voraussetzungen gefragt waren (vgl. Ślioski/Grodecka 2013). Bis Ende 2015 erschienen im
Rahmen des Programms 18 OER-Schulbücher (vgl. Hagemann/Hugyecz 2016).
Von Maximilian Heimstädt, Leonhard Dobusch im Buch Perspektiven von Open Educational Resources (OER) für die (sozio-)ökonomische Bildung an Schulen in NRW und in Deutschland (2017) auf Seite 18Bemerkungen
Mit der Verabschiedung des 12 Mio. Euro schweren „Digital School Program“ durch den polnischen Premierminister, das die Erarbeitung und Publikation eines kompletten Satzes von Unter-richtsmaterial für die Klassen 4-6 als OER beinhaltet (Fundacja nowoczesna Polska, 2012), hat nun ein Nachbarland Deutschlands konkrete Schritte angekündigt. Damit wird die Idee auch in Europa konkret.
Von Beat Döbeli Honegger im Journal E-Learning allgegenwärtig im Text iLegende Wollmilchsau? (2012) Auf dem dreitägigen UNESCO-OER-Congress in Paris im Juni 2012 waren insgesamt vier Vertreter aus Polen mit einem Vortrag beteiligt[5], unter anderem der Vizeminister des bereits erwähnten Ministeriums für Verwaltung und Digitalisierung, Igor Ostrowski[6]. Ostrowski weist zunächst darauf hin, dass es vor dem nun initiierten Digital School Program bereits andere, kleinere OER-Programme gab, so u.a. das Programm „Polska szkoła", das für im Ausland unterrichtende polnische Lehrer gedacht war. Das Digital School Program soll nun drei Arten von Ressourcen bereitstellen: 18 zertifizierte E-Lehrbücher für die Primarund Sekundarstufen, die Scholaris platform, welche in Zusammenarbeit von öffentlichen Einrichtung und NGOs Bildungsressourcen für Lehrer bereitstellt und vom Europäischen Sozialfond kofinanziert wird, sowie ein Bildungs-Fernsehprogramm für Schulen, das vom öffentlich-rechtlichen Sender Telewizja Polska (TVP) auf seiner Bildungsplattform bereitgestellt wird. Die Inhalte des Digital School Program sollen "made available under the Creative Commons Attribution license or another free license - one that allows use of resources and their derivatives with payments and in an unlimited, nonexclusive manner" und außerdem in "at least one open format" bereitgestellt werden. Ostrowski gibt an, dass ca. 13 Mio. Euro für die Erstellung von OER veranschlagt werden. Von diesen 13 Mio. floss laut Alek Tarkowski, der u.a. für das "Digital Council of the Ministry" und für Creative Commons Poland arbeitet, der größte Teil in die Produktion von E-Textbooks. Als Teil des Programms und des Budgets wurden Schulen außerdem mit der nötigen Hardware ausgestattet (Details zum Budget siehe Fußnote 3). Weiterhin spricht Ostrowski das bereits erwähnte Gesetzesvorhaben zu "Openness of Public Resources" an, welches er, ähnlich wie im brasilianischen Beispiel, u.a. mit der Aussage begründet, dass das, was durch die Öffentlichkeit finanziert wird, auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollte.
Von Ingo Blees, Nadia Cohen, Tamara Massar, Doris Hirschmann, Matthias Höhler, Renate Martini, Renate Tilgner im Buch Freie Bildungsmedien (OER) (2013) auf Seite 47Verwandte Objeke
Verwandte Begriffe (co-word occurance) | Wikiwijs(0.03), Open Educational Resources (OER)Open Educational Resources(0.03) |
Häufig co-zitierte Personen
Leonhard
Dobusch
Dobusch
Silvia
Ackermann
Ackermann
Melissa
Hagemann
Hagemann
Michael
Stumm
Stumm
Piroska
Hugyecz
Hugyecz
Felix
Schaumburg
Schaumburg
Mirjam
Bretschneider
Bretschneider
Maximilian
Heimstädt
Heimstädt
Jöran
Muuß-Merholz
Muuß-Merholz
Jennifer
Hill
Hill
Matthias
Höhler
Höhler
Doris
Hirschmann
Hirschmann
Tamara
Massar
Massar
Nadia
Cohen
Cohen
Renate
Tilgner
Tilgner
Renate
Martini
Martini
Ingo
Blees
Blees
Martin
Schön
Schön
Jan
Neumann
Neumann
Nils
Weichert
Weichert
Elly
Köpf
Köpf
Jürgen
Kirstein
Kirstein
Wolfgang
Neuhaus
Neuhaus
Volkhard
Nordmeier
Nordmeier
Sabine
Zauchner
Zauchner
Statistisches Begriffsnetz
Zitationsgraph
Zeitleiste
12 Erwähnungen
- Konzept für Open Educational Resources im sekundären Bildungsbereich (Barbara Rossegger) (2012)
- E-Learning allgegenwärtig (Andrea Back, Gabi Reinmann) (2012)
- 2. iLegende Wollmilchsau? - Überlegungen zur Zukunft des Schulbuchs in Zeiten von iPads & Co. (Beat Döbeli Honegger) (2012)
- Die Zukunft von Lern- und Lehrmaterialien - Entwicklungen, Initiativen, Vorhersagen (Martin Ebner, Sandra Schön) (2012)
- Freie Bildungsmedien (OER) - Dossier: Offene Bildungsressourcen / Open Educational Resources - Handlungsfelder, Akteure, Entwicklungsoptionen in internationaler Perspektive (Ingo Blees, Nadia Cohen, Tamara Massar, Doris Hirschmann, Matthias Höhler, Renate Martini, Renate Tilgner) (2013)
- Open Educational Resources in Poland - Challenges and Opportunities (Kamil Śliwowski, Karolina Grodecka) (2013)
- Open Educational Resources Mythbusting (Karolina Grodecka, Kamil Śliwowski) (2014)
- Open Educational Resources in Deutschland - Entwicklungsstand und Perspektiven (Leonhard Dobusch, Maximilian Heimstädt, Jennifer Hill) (2015)
- Open Educational Resources - A Catalyst for Innovation (Dominic Orr, Michele Rimini, Dirk van Damme, OECD Organisation for Economic Co-operation and Development) (2015)
- Erfolgreich mit Neuen Medien! - Was bringt das Lernen im Netz? (2016)
- Lernen ohne Papier - Digitale Schulbücher (Anika Bonitz, Melanie Bonitz) (2016)
- Poland Is Pioneering the World’s First National Open Textbook Program (Melissa Hagemann, Piroska Hugyecz) (2016)
- Perspektiven von Open Educational Resources (OER) für die (sozio-)ökonomische Bildung an Schulen in NRW und in Deutschland (Maximilian Heimstädt, Leonhard Dobusch) (2017)
- Lehrmittel in einer digitalen Welt (Beat Döbeli Honegger, Michael Hielscher, Werner Hartmann) (2018)
Externe Links
Free textbooks are part of "Digital School" program: Informationen auf der Seite der Stiftung nowoczesna Polska ( : 2021-03-21) | |
Polen setzt auf offene Bildungsmaterialien: Bericht bei netzpolitik.org ( : 2021-03-21) |