Die Möglichkeit, Bücher zu digitalisieren und online zu vertreiben, ist die erste radikale
Zäsur in der sechshundert Jahre alten Geschichte des Mediums Buch. Die Art des Drucks und
die Art, wie Bücher gelesen wurden, haben sich seit Gutenbergs Erfindung der Druckerpresse
um 1450 nicht wesentlich verändert. Das Aufkommen neuer Medien wie Radio und Fernsehen,
denen immer wieder unterstellt wurde, das „Ende des Buches“ einzuleiten, hat es unbeschadet
und ohne wesentliche Veränderungen überstanden. Der Vertrieb physischer Bücher ist
länger als bei jedem anderen Medium vollständig etabliert und die Regeln des Massenmarktes
sind vollends ausgebildet, anerkannt und funktionstüchtig. Auch die Möglichkeiten des
Online-Vertriebs physischer Bücher haben zwar neue Wege für das Angebot und den Kauf
von Büchern erschlossen, nicht aber das Medium an sich verändert.
Doch durch die zunehmenden Leistungen der Digitalisierung und die inzwischen funktionstüchtige
Kommerzialisierung des jungen Mediums Internet eröffnet sich tatsächlich das erste
Mal die Gelegenheit zur Schaffung eines vollständig digitalen Buchmarktes, der den gleichen
Inhalt vertreibt, sich aber grundlegend vom physischen Medium Buch unterscheidet.
Von Arik Meyer, Michael Treutler im Buch Ökonomie der Buchindustrie (2009) im Text Online-Distribution digitaler Bücher