Dürfen die Stimmen von einer Million und 52218 Schweizerinnen und Schweizern von der offiziellen Schweiz einfach überhört werden ?
So viele Bürgerinnen und Bürger haben am 26. November 1989 in einer denkwürdigen Volksabstimmung für eine umfassende Friedenspolitik ohne Armee gestimmt. Ein solches Ausmass an Zustimmung für die GSoA-lnitiative hatte vor allem im Berner Bundeshaus niemand vorausgeahnt. Der Schock sass tief. Dennoch meinen zu viele eidgenössische Politikerinnen und Politiker, die 36,5% Ja-Stimmen zur «Schweiz ohne Armee» politisch nicht weiter in Betracht ziehen zu müssen. Sie wollen trotz internationaler Entspannung und dem dank der GSoA zum Ausdruck gekommenen innenpolitischen Reformwillen in Neuchlen-Anschwilen einen neuen Waffenplatz bauen, Militärdienstverweigerer weiterhin in das Gefängnis stecken und widersetzen sich sowohl deren Amnestie als auch einem zivilen Dienst, der mehr ist als ein Arbeitslager.
Dies ist für viele Schweizerinnen und Schweizer unerträglich. Deshalb ist der zivile Ungehorsam in der Schweiz wieder aktuell geworden. Die einen leisten ihn in Neuchlen-Anschwilen, andere erwägen ihn bezüglich der vom EMD verlangten Pflichten im Hinblick auf einen echten friedenspolitischen Kompromiss, welcher das Abstimmungsergebnis vom 26. November 1989 ernst nimmt.
In diesem Sammelband nehmen 29 Autorinnen und Autoren zu dieser aktuellen Diskussion Stellung. Zudem werden praktische und theoretische Erfahrungen mit zivilem Ungehorsam im In- und Ausland vermittelt. Sie zeigen, dass auch demokratisch sein kann, was als illegal gilt. Denn die Demokratie ist mehr als die Diktatur der Mehrheit. Und die Schweiz wäre nicht, was sie ist, wenn nicht immer wieder Schweizerinnen und Schweizer dem herrschenden Druck des Gesetzes widerstanden und mutig ihrer politischen Überzeugung gemäss gehandelt hätten.