
In der Kindheitsforschung wie auch in gesellschaftlichen Diskursen treffen unterschiedliche Perspektiven auf Kinder und Kindheit aufeinander. Einerseits werden Kinder in modernen Gesellschaften als » Werdende « betrachtet, die sich noch » entwickeln « dürfen und sollen, und die sich insofern noch nicht an allen gesellschaftlichen Prozessen beteiligen können und müssen. Kinder müssen u. a. ihren Lebensunterhalt nicht durch eigene Erwerbstätigkeit sichern; stattdessen besteht eine bis ins Jugendalter ausgedehnte Schulpflicht. Andererseits werden Kinder als handelnde Subjekte mit eigenen kulturellen (z. B. medialen) Praxen betrachtet. Die sozialwissenschaftliche Kindheitsforschung hat in den 1990er-Jahren die These stark gemacht, dass Kinder immer schon als » Seiende « und als Mitglieder der Gesellschaft ernst genommen werden müssen (und nicht als erst zukünftige Mitglieder) (Zeiher 1996). Die beiden Perspektiven stehen in einem Spannungsverhältnis, das charakteristisch für die spätmoderne Konstruktion von Kindheit ist. Pädagogik ist traditionell eng mit der ersten Perspektive verwoben, denn von ihr wird erwartet, dass sie Kindern die für eine selbstbestimmte Partizipation am gesellschaftlichen Leben erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt.