
Anscheinend erfüllt die Computertechnologie ein grundlegendes Bedürfnis oder verspricht solches zumindest. Sie ist angesiedelt im Herzen der postindustriellen oder postmodernen Gesellschaft — wie immer man das nennen mag. Diesen Ort gilt es genauer zu umreißen. In seinem Buch »Turing’s Man« bezeichnet J. D. Bolter die Computertechnologie als »defining technology«unserer Epoche [Bolter 1984]. Damit ist gesagt, daß sie Modelle und Metaphern für unsere Kultur bereitstellt, welche die heterogenen Entwürfe von Wissenschaft, Philosophie, Kunst und Alltagspraxis verbinden. Eine defining technology erlaubt es, scheinbar disparate Vorstellungen wie durch ein Brennglas gebündelt zu sehen. Aus dieser Perspektive skizziert Bolter einen neuen Menschentyp: den »Turingmenschen«. Dieser löse den faustischen Sucher ab, der alles wollte und nach den Sternen griff. Der Turingmensch dagegen orientiert sich in spezifischer Weise am Machbaren: Er will nur das Nächste und überzieht in dieser Bewegung das Ganze. Auch wenn es Bolter meiner Ansicht nach nicht gelungen ist, sein ambitioniertes Programm einzulösen, halte ich dennoch seine Idee für gerechtfertigt und will versuchen, die ‚Definitionsmacht ‘der Informatik zu deuten.