Produktentwicklung berücksichtigt oft nur Männer
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Bemerkungen
Als Apple im Sommer 2014 während einer gehypten Veranstaltung seine neue App HealthKit präsentierte, rühmte sich Chef-Entwickler Craig Federighi damit, etwas erschaffen zu haben, »mit dem sich alle wichtigen Körperfunktionen überwachen lassen«. Wachstum, Gewicht, Blutzuckerspiegel und vieles mehr bis hin zum Alkoholwert im Blut ließen sich mit der App tracken und in Daten umwandeln, die zu einem besseren Verständnis des eigenen Körpers und somit zur Verbesserung der Gesundheit führen sollten. Blöd nur, dass bei all dem Schnickschnack eine elementare Körperfunktion von 50 Prozent der Nutzer:innen vergessen worden war: der Menstruationszyklus. Dabei sammeln Personen schon seit Jahrhunderten Informationen zu ihrer Periode, was aus vielerlei Gründen sinnvoll ist: Zum einen lassen sich so die fruchtbaren Tage ermitteln (eine wichtige Info, unabhängig davon, ob ein Kinderwunsch da ist oder nicht), zum anderen lassen sich Termine und Aktivitäten besser planen, ohne dass Menstruationsschmerzen im Weg stehen und wir nicht jeden Monat von einem blutigen Fleck im Hosenboden überrascht werden. Warum also sollte eine App, die alle wichtigen Gesundheitswerte sammeln möchte, ausgerechnet auf die Monatsblutung verzichten? Ganz simpel: Die Periode wurde einfach vergessen. Weder unter den Programmierern noch unter den Ärzten, die bei der Konzeption von HealthKit konsultiert wurden, schien jemand auf dem Schirm gehabt zu haben, dass die meisten Menschen mit Uterus und Eierstöcken zwischen zwölf und bis weit in ihre 50er-Jahre hinein menstruieren. Dahinter steckt sicher keine böse Absicht, sondern lediglich ein Versehen, die eine Sache zu übersehen, in der cis Frauen sich grundlegend von cis Männern unterscheiden. Mit dem Update der App im Jahr darauf wurde der Fehler dann behoben. Doch dass so ein »Versehen« unterlaufen kann, überrascht nicht, wenn man bedenkt, dass im Jahr 2014 bei Apple 80 Prozent der Angestellten im Bereich Technologie und Entwicklung männlich waren. Männer forschen für Männer, sie designen für Männer und entwickeln für Männer, und das Beispiel HealthKit zeigt, was dabei herauskommt.
Von Rebekka Endler im Buch Das Patriarchat der Dinge (2021) im Text Technologie, Lust und Internet Erwähnungen auf anderen Websites im Umfeld von Beat Döbeli Honegger
Website | Webseite | Datum |
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Genderbewusste Informatik | Genderbewusste Informatik | 27.11.2021 |
Zitationsgraph
Zitationsgraph (Beta-Test mit vis.js)
5 Erwähnungen
- Unsichtbare Frauen - Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert (Caroline Criado Perez) (2019)
- Das Patriarchat der Dinge - Warum die Welt Frauen nicht passt (Rebekka Endler) (2021)
- Ein blinder Fleck tötet Frauen (Laura Weissmüller) (2021)
- Frauen und Digitalität - jetzt! - Wie die Bildungstransformation von weiblichen Perspektiven profitiert (Kati Ahl) (2022)
- bildung + schuledigital 2/2022 (2022)
- Warum Frauen? Warum Digitalität? Und warum jetzt? - Die Genderdimension muss Einzug in die Digitalisierung der Bildung halten (Kati Ahl)