
Nach wie vor regt die Idee evidenzbasierter Pädagogik die Phantasie vieler Politiker, politischer Entscheidungsträger und Bildungsforscher auf der ganzen Welt an. Sicherlich findet diese Idee alles andere als einhellige Unterstützung. Gleichwohl, und ungeachtet der beständigen Kritik an der Idee, gibt es zahlreiche Politiker und politische Entscheidungsträger, die (noch immer) dafür plädieren, dass Erziehung auf Forschungsevidenz darüber, was wirkt, basieren sollte. Ebenso gibt es Forscher, die (noch immer) versuchen, das entsprechende Wissen mithilfe randomisierter, kontrollierter Studien zu generieren. Dieser Zustand ist ziemlich unbefriedigend. Zum einen scheinen alle beteiligten Parteien (zu) wenig miteinander zu kommunizieren und dementsprechend (zu) wenig voneinander zu lernen. Eine Folge hiervon ist, dass Politiker und politische Entscheidungsträger weiter auf eine ‚Universallösung‘ warten, die wahrscheinlich niemals zur Verfügung stehen wird (vgl. auch Otto/Polutta/ Ziegler 2009).Unbefriedigend ist dieser Zustand zum anderen, weil die Debatte über die Wechselbeziehungen zwischen empirischen Befunden, Forschung, Politik und Praxis zur Polarisierung tendiert. Deswegen besteht die reelle Gefahr, dass die Debatte zu einer zeitgenössischen Neuauflage jener ‚Paradigmenkriege‘ führt, die eine sinnvolle Diskussion um die Bildungsforschung jahrzehntelang verhindert haben (vgl. auch Hammersley 2008).Doch was wäre zu tun, um die Diskussion nicht auf Pro und Contra zu reduzieren und sich ernsthafter mit den Dingen zu beschäftigen, die auf dem Spiel stehen? Und was für eine Rolle käme der Forschung in einer solchen Konstellation zu? In diesem Beitrag will ich einige Überlegungen zu diesen Fragen vorstellen. Zunächst werde ich argumentieren, dass drei Dinge von Bedeutung sind, um die Diskussion voranzubringen: (1) ein reicheres und komplexeres Verständnis pädagogischer Praxis, als es in den gegenwärtigen Diskussion über empirische Befunde und das, was wirkt, in der Erziehung gemeinhin unterstellt wird, (2) eine ausdrücklichere Beschäftigung mit der Frage des Zwecks von Erziehung sowie (3) ein empirisch informiertes Verständnis der Wechselbeziehungen zwischen Forschung, Politik und Praxis. Vor diesem Hintergrund will ich anschließend darlegen, was dies für eine Bildungsforschung bedeuten könnte, die beabsichtigt, einen konstruktiven Beitrag für die pädagogische Praxis zu leisten und sie zu stärken.