
Ein weit verbreitetes Unbehagen veranlasst die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den verschiedensten Disziplinen,
die Zumutungen der Evaluation, die vermehrt an sie gerichtet sind, kritisch zu hinterfragen. Nicht nur die Wissenschaft, auch viele andere soziale Systeme sind verstärkt Evaluationsaktivitäten unterschiedlichster Art
ausgesetzt, wobei die Reaktionen der Betroffenen selten von Enthusiasmus, gelegentlich von kooperativer Zuversicht, öfters
aber von Apathie oder Widerwillen geprägt sind. Die Wissenschaft reagiert auf diese Entwicklungen in generischer Form, indem
sie einen wissenschaftlichen Diskurs initiiert. Dieser Diskurs ist disparat, folgt er doch grundsätzlich zwei unterschiedlichen
Stoßrichtungen. Während sich ein Teil der Wissenschaft mit der Verfeinerung der Evaluationsmethoden und -verfahren befasst
und dabei einen hohen Grad der Differenzierung und Spezialisierung unter teilweiser Berücksichtigung der inhärenten Begrenzungen
erreicht hat (vgl. etwa Archambault et al. 2006; Daniel 1993; Gläser/Laudel 2005; Moed 2005), befassen sich andere Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler in erster Linie mit fundamentalen Fragen der Zulässigkeit und Sinnhaftigkeit der Evaluation von Wissenschaft
(siehe z. B. Erche 2003; Frey 2006; Koschorke 2004; Mittelstrass 2000; Neidhardt 2000; Stoellger 2005: 981). Im ersten Fall
geraten die Gründe der Evaluation ebenso wie die Differenz zwischen Bewertung und Messung gelegentlich in den Hintergrund,
während sich der zweite Diskussionsstrang kaum mit dem Wie' der Evaluation auseinandersetzt, häufig das Postulat des Sonderfalls
Wissenschaft vorbringt und eine Tendenz zur Entkoppelung (und Immunisierung) des Wissenschaftssystems von seiner Umwelt entwickelt.
Aufgrund ihrer Ausrichtungen erstaunt es wenig, dass sich die beiden Diskurse gegenseitig als wenig anschlussfahig erweisen.