
Die folgenden Seiten sind eine Exploration der von Castells im obigen Zitat aufgeführten 'Macht der Flüsse' aus der Sicht der Mikro-Perspektive eines konkreten Netzwerkes. Sinn und Zweck des Artikels sind einfach: Es soll einerseits eine bestehende Theoretisierung von Netzwerken hinterfragen und sie andererseits erweitern. Bezug genommen wird dabei auf Manuel Castells Konzept der Netzwerkgesellschaft (2000a, 2000b). Hervorgehoben werden soll ein spezifischer Punkt, der bei Castells nur angedeutet wird: der des Konfliktes zwischen dem Netz und dem Selbst. Die Hinterfragung geschieht an Hand einer Untersuchung von einer postkolonialcyberfeministischen Mailingliste mit dem Namen 'Undercurrents'. Zu diesem Zweck wurde ein Teil der Kommunikation innerhalb dieser Liste analysiert. Die hier präsentierten Annahmen helfen - trotz ihrer Beschränkung durch das Spezifische des Fallbeispiels - diesen bis dato wenig theoretisierten Aspekt des Konfliktes innerhalb des Netzwerkkonzeptes zu hinterfragen. Im Netzwerkkonzept implizit vorhandene Annahmen über neue Technologien werden hierzu kontrastiert mit Erfahrungen eines vernetzten Informationsbzw. Diskussionsflusses in einem spezifischen Kontext. Die darin enthaltene Spannung zwischen
Konzept und
Erfahrung ist aufschlussreich. Das spezifische Beispiel der Undercurrents-Mailingliste wurde wegen ihres thematischen Fokus auf feministisch-postkoloniale Vernetzungen und auf Grund des hohen Niveaus an Selbstreflexion ausgewählt. Das Undercurrents-Netz ist sowohl technisch als auch sozial. 3 Während die Mailingliste auf den ersten Blick als ein Paradebeispiel für die weithin proklamierten Möglichkeiten der Netzwerkgesellschaft erscheint, entpuppt sie sich im Laufe der Analyse als exemplarisch insbesondere auch in Bezug auf die
Grenzen von Vernetzung.