Unsere Vorstellungen von der Welt und das, was wir zu wissen glauben, waren im Laufe der Geschichte immer wieder Veränderungen unterworfen. Wissensordnungen haben jeweils das in einer Epoche zugängliche Wissen nicht nur strukturiert, sondern auch die Lesart geprägt. Eine markante Epochenschwelle bezeichnet in Europa der Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit: Die klösterlichen Skriptorien, die bis anhin ein Monopol besassen auf der Herstellung und Vervielfältigung des vornehmlich geistlichen Schrifttums, verloren mit den gesellschaftlichen Umwälzungen im Ausgang des Mittelalters und mit dem Aufkommen neuer Drucktechniken an Einfluss. Die bis anhin gültige symbolische Ordnung des Christentums wurde aufgebrochen zugunsten einer Säkularisierung und Pluralisierung der Wissensbezüge. Scholastische Tradition, Humanismus und Reformation rivalisierten um die Geltung der Relevanzkriterien. Die Empirie gewann gegenüber der Theorie an Einfluss und die Schule der klassischen Freien Künste - der Artes liberales - verlor ihre strukturierende Macht. Udo Friedrich, Professor für Ältere Deutsche Literatur, beschreibt, wie in der Neuzeit aufgrund gesellschaftlicher, handwerklicher und wissenschaftlicher Entwicklungen neue Wissensbereiche entstanden und nach ihren je eigenen Strukturierungen verlangten.
From Udo Friedrich in der Zeitschrift Von den Artes liberales bis Google (2004) in the text Von der rhetorischen zur topologischen Ordnung