
Ein symptomatischer Beleg für diese Sorge ist die Auskunft
von Sebastian Thrun, „Gottvater der Online Education“
und Gründer der Online-Akademie Udacity, dass niemand mehr
lange einen Professor reden sehen will und Udacity deswegen nur
noch ganz kurze, einminütige Erklärvideos anbietet, die dazu
gedacht sind, einen Dialog zu starten. Das mag Zustimmung
finden oder nicht, die Begründung dafür zu akzeptieren, fällt
schon schwerer: „Wir glauben ganz fest, dass man Gewicht nicht
abnimmt, indem man anderen Leuten beim Sport zuschaut, man
muss das selber machen. Deswegen glauben wir bei Udacity, dass
ihre eigenen Finger bewegen müssen, Projekte lösen müssen der
Hauptmodus des Lernens geworden ist.“31 Nichts gegen Projektarbeit
und Verständnistests, aber die Analogie führt in die Irre:
als wäre man kognitiv nur dann aktiv, wenn man dabei auch
seine Finger bewegt. Aber vielleicht sollte man hier nicht zu kritisch
sein, immerhin ist Thrun kein Erziehungs- oder Geisteswissenschaftler,
sondern Informatiker, der bei Google Schlüsseltechnologien
wie Street View und Google Glass entwickelt hat. Aber
das genau ist das Problem: Es ist Bildung aus der Perspektive von
Software-Ingenieuren und Unternehmern, die hier entsteht und
die Interaktivität voreilig über Reflexion stellt.