ICT in Primarschulen im Jahr 2020Ergebnisse einer Delphi-Befragung
Dominik Petko, André Frey
Publikationsdatum:
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Zusammenfassungen
Die Verbreitung und Nutzung digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien (engl. Abkürzung: ICT) wurden in Schweizer Schulen im Rahmen der Initiative Public-Private-Partnership-Schule im Netz (PPP-SiN) intensiv gefördert. Mit dem Ende der Initiative stellt sich die Frage nach künftigen Trends, um hier gezielt proaktiv tätig werden zu können. Im Rahmen einer Delphi-Studie mit 53 ausgewählten Fachexpertinnen und Fachexperten wurde versucht, Prognosen für die Entwicklung an Primarschulen bis zum Jahr 2020 zu geben.
Von Dominik Petko, André Frey im Text ICT in Primarschulen im Jahr 2020 (2007) Die vorliegende Studie erfolgt im Auftrag des Dachverbandes der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer LCH. Mit dem
Ende der ersten nationalen Initiative PPP-SiN (Public Private Partnership – Schule im Netz) stellt sich in besonderer
Weise die Frage nach künftigen Entwicklungen. In der vorliegenden Studie prognostizieren ausgesuchte Expertinnen
und Experten aus dem deutschsprachigen Raum die Entwicklung der Bedingungen, Nutzung und Auswirkungen von
Computern und Internet auf der Primarschulstufe bis zum Jahr 2020. Mit der Methode der Delphi-Studie soll in aller
Vorsicht eine realistische Einschätzung der künftigen Entwicklung für diese Schulstufe erfolgen. Die Studie steht im
Kontext zweier anderer Studien innerhalb desselben Auftrags, einer Expertise, die die Forschungsbefunde der letzten
zehn Jahre zusammenfasst und einer Reihe von Fallstudien, die die unterschiedlichen ICT-Situationen in Schweizer
Primarschulen heute beschreiben. Die Delphi-Studie wurde im Mai 2007 durchgeführt.
Von Dominik Petko, André Frey im Text ICT in Primarschulen im Jahr 2020 (2007) - Die Expertinnen und Experten sehen eine rasante technische Entwicklung im Bereich der Hardware und Software voraus, deren besondere Potentiale vor allem im Bereich der mobilen Computer und der Kommunikationstechnologien zu sehen sind. Viele Medien werden konvergieren und es wird denkbar, dass Mobiltelefone in Verbindung mit neuen Interfaces und Displaytechnologien viele Funktionen heutiger Laptop oder Desktop-Computer übernehmen können.
- ICT werden in der Gesellschaft aller Voraussicht nach omnipräsent sein. Alle Haushalte werden über Computer und Internetanschluss verfügen. ICT prägt alle Berufe. Der Wandel zur Wissens- bzw. Informationsgesellschaft schreitet fort und der Bedarf an hoch qualifizierten Arbeitnehmenden, insbesondere ICT-Fachleuten dürfte steigen. Diese Entwicklung geht einher mit vielfältigen Herausforderungen, z.B. wird ein Ansteigen der Internetkriminalität erwartet.
- Die Aufgaben der Schule dürften angesichts steigender Heterogenität in Gesellschaft und Schülerschaft umfassender und anspruchsvoller werden. Schulen leisten im Jahr 2020 verstärkt auch Betreuungs, Erziehungs- und Sozialisationsaufgaben. Wahrscheinlich besteht eine Konkurrenz zwischen privaten Bildungsinstitutionen und öffentlichen Schulen. Insgesamt wird das Bildungswesen nach Ansicht der befragen Fachpersonen teurer.
- Die Nutzung von ICT wird gemäss Prognose zu einem verpflichtenden Bestandteil des Unterrichts. Schulen werden auf die Umsetzung eines ICT-Konzeptes verpflichtet, erhalten dabei jedoch auch Unterstützung. Als unwahrscheinlich wird für die Primarstufe die Schaffung eines eigenständigen Schulfachs ICT betrachtet.
- Elektronische Bildungsinhalte werden in ihrer Anzahl und Verbreitung deutlich zunehmen. Dabei werden sie die heute üblichen Lehrmittel ergänzen, jedoch nicht ersetzen. Die Finanzierung erfolgt durch Schulträger und durch die Lernenden selbst. Die Open-Content-Bewegung wird ebenso wie werbefinanzierte Angeboten nur teilweise als mögliches Modell gesehen.
- Schulen dürften im Jahr 2020 über eine umfassende und regelmässig aktualisierte ICT-Infrastruktur verfügen. Netzzugang ist von allen Rechnern der Schule möglich, ebenso wie der Zugriff über mobile Geräte. ICTVerantwortliche und professioneller Support sind auf Basis eines ICT-Schulkonzeptes selbstverständlich.
- Schulen sind flexibler im Aufbau und der Nutzung technischer Ressourcen. Die Schulverwaltung wird mit entsprechender Software unterstützt. Lernende haben nicht nur im Unterricht, sondern auch darüber hinaus Zugang zu schulischen ICT-Ressourcen, wobei die Nutzung jedoch restriktiven Regeln unterliegt.
- Der Beruf der Lehrperson wird im Jahr 2020 stark mit ICT zu tun haben. Viele administrative und organisatorische Aufgaben ausserhalb des Unterrichts werden ICT erfordern. Die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen in Sachen ICT wird selbstverständlich und verpflichtend sein. Dennoch werden sich Lehrpersonen in ihren Kompetenzen und Einstellung zu ICT deutlich unterscheiden.
- Die Primarschülerinnen und Primarschüler der Zukunft werden ICT voraussichtlich privat intensiv nutzen und erwarten, dass dies auch in der Schule der Fall sein wird. Kinder werden zuhause über ein reichhaltiges Medienangebot verfügen, das vor allem für Unterhaltungszwecke genutzt wird. Medien werden sozial geprägt sein, so dass tendenziell keine Gefahr einer Vereinsamung bei der Mediennutzung bestehen wird.
- Anwendungskenntnisse werden schon früh vorausgesetzt werden können, kritisches Medienbewusstsein jedoch nicht.
- Im Unterricht werden digitale Medien regelmässig und selbstverständlich eingesetzt. Dies geschieht verstärkt in offenen Unterrichtsformen mit einem hohen Anteil eigenständigen Lernens. ICT dient als Bereicherung eigenständigen Lernens. Gleichzeitig werden wichtige Medienkompetenzen vermittelt.
- Lernerfolge werden sich beim Lehren und Lernen mit ICT nicht automatisch einstellen, sondern sind nach wie vor stark abhängig von der Art des Einsatzes und der Nutzung und vom bereits vorhandenen Vorwissen.
- Erwartet werden nicht so sehr fachbezogene Lerngewinne, sondern vor allem der Erwerb von Schlüsselkompetenzen eigenständigen Lernens und Arbeitens. Der Motivationsaspekt dürfte eine geringere Rolle spielen.
- Damit ICT in Schulen in einer produktiven Weise integriert werden, müssen viele Faktoren zusammenspielen. Schlüsselfaktor einer positiven Entwicklung sind die Lehrpersonen, die es mit Aus- und Weiterbildung, Unterstützung und Beratung zu fördern gilt. Ebenfalls entscheidend sind eine ICT-bezogene Schulorganisation und eine offene Unterrichtskultur. Politische Vorgaben können dies fördern bzw. ermöglichen. Eine weitere Bedingung ist die Entwicklung von elektronischen Lerninhalten und Software. Diese Faktoren sind eingebettet in allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen, auf die das Bildungswesen nur langfristigen Einfluss hat.
Bemerkungen
Die Experten der Delphi-Studie erwarten im Jahr 2020 durchschnittlich 5 Computer in einem Primarschulzimmer. Da bin ich anderer Meinung. Und zwar prophezeie ich nicht 4 oder 7. Ich gehe davon aus, dass man Computer nicht mehr wird zählen können im Klassenzimmer, weil bis 2020 der Begriff "Computer" nicht mehr wird klar abgrenzbar sein.
Von Beat Döbeli Honegger, erfasst im Biblionetz am 12.06.2007Dieser Text erwähnt ...
Dieser Text erwähnt vermutlich nicht ...
Nicht erwähnte Begriffe | Digitalisierung, Eltern, LehrerIn |
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5 Erwähnungen
- Bildung Schweiz 7&8/07 (2007)
- Schule mit Medienprofil - Entwicklung eines Instrumentariums für die schulische Profilbildung (Jürg Fraefel) (2007)
- Lehrmittel - BZL, 28. Jahrgang Heft 1/2010 (Anni Heitzmann, Alois Niggli) (2010)
- Neue Medien - Neue Lehrmittel? - Potenziale und Herausforderungen bei der Entwicklung digitaler Lehr- und Lernmedien (Dominik Petko)
- Der Lernstick in der Schule - Eine empirische Studie zur Akzeptanz und Wirkung eines Lerninstruments im Unterricht (Hans U. Grunder, Christian Finger, Yuliya Romanyuk, Tim Sommer, Patric Raemy) (2013)
- Working at the frontier - Swiss educational information and communication technology coordinators as mediators and intermediaries of the digital transformation (Michael Geiss, Tobias Röhl) (2024)
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ICT in Primarschulen im Jahr 2020: Artikel als Volltext (: , 155 kByte; : Link unterbrochen? Letzte Überprüfung: 2020-11-28 Letzte erfolgreiche Überprüfung: 2020-08-28) |
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Beat und dieser Text
Beat war Co-Leiter des ICT-Kompetenzzentrums TOP während er Dieser Text ins Biblionetz aufgenommen hat. Die bisher letzte Bearbeitung erfolgte während seiner Zeit am Institut für Medien und Schule. Beat besitzt kein physisches, aber ein digitales Exemplar. Eine digitale Version ist auf dem Internet verfügbar (s.o.). Es gibt bisher nur wenige Objekte im Biblionetz, die dieses Werk zitieren. Beat hat Dieser Text auch schon in Vorträgen sowie in Blogpostings erwähnt.