Macht das Internet einsam?
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Bemerkungen
Die Vorstellung, dass das Internet soziale Beziehungen zerstört, ist [...] als technikdeterministisch zu kennzeichnen. Ob Netzaktivitäten einer Person soziale Beziehungen beeinträchtigen, hängt nämlich davon ab, wie das Internet-Engagement sich im einzelnen gestaltet und wie es sich in den Beziehungsalltag einfügt.
Von Nicola Döring im Buch Sozialpsychologie des Internet (1999) im Text Soziale Beziehungen und Internet auf Seite 332Smartphones befriedigen drei Fantasien: dass wir uns immer sofort an jemanden wenden können, dass wir immer angehört werden und dass wir nie allein sind. Die Möglichkeit, nie allein sein zu müssen, verändert unsere Psyche. In dem Augenblick, in dem man allein ist, beginnt man sich zu ängstigen, herumzuzappeln und greift nach dem Handy. Das Alleinsein ist zu einem Problem geworden, das behoben werden muss.
Von Sherry Turkle im Text Weniger Internet, bitte! (2012) Dass Technologie und insbesondere Medien zu Vereinsamung oder gar Asozialität ihrer Nutzer führen, ist eine wiederkehrende Vermutung. Es fänden sich «unflexible Verhaltens- und Kommunikationsmuster mit erhöhter Irritation und Gereiztheit der Familienmitglieder untereinander und mit deutlichem Nachlassen verbaler Kommunikation», schreiben Hella Kellner und Jochen Toussaint, allerdings nicht über das Internet, sondern in der Studie «Kinder und Fernsehen» von 1977.
Von Kathrin Passig, Sascha Lobo im Buch Internet - Segen oder Fluch (2012) im Text Entfremdung und Nähe auf Seite 222Willkommen in der 80er-Jahre-Diskussion: Ein Junge hackt nur noch wie besessen in die Tasten. Er kann nicht mehr richtig sprechen und ist wunderlich. Ihm wachsen Spinnweben unter den Armen und er hat keine Freunde. Völliger Unsinn.
Kein Zweifel, diesen Jungen mag es ja geben.Aber der ist ein tragischer Einzelfall. Die Realität sieht doch ganz anders aus. Die Erfahrung zeigt, dass Kinder und Jugendliche meistens zu zweit und zu dritt vor der Kiste sitzen. Es kommt erstaunlicherweise zu keinem Streit. Sie beraten sich, wechseln ab und bevorzugen sogar Spiele, bei denen sie mitoder gegeneinander antreten können.
Von Thomas Feibel im Buch Was macht der Computer mit dem Kind? (2002) im Text Computer-Kids wollen Eltern Kein Zweifel, diesen Jungen mag es ja geben.Aber der ist ein tragischer Einzelfall. Die Realität sieht doch ganz anders aus. Die Erfahrung zeigt, dass Kinder und Jugendliche meistens zu zweit und zu dritt vor der Kiste sitzen. Es kommt erstaunlicherweise zu keinem Streit. Sie beraten sich, wechseln ab und bevorzugen sogar Spiele, bei denen sie mitoder gegeneinander antreten können.
Mädchen im Alter von acht bis zwölf Jahren
sind sieben Stunden täglich online, haben aber nur zwei Stunden täglich
reale soziale Kontakte, wie eine im
März 2012 publizierte Studie an etwa 3 500
jungen Amerikanerinnen ergab. Nur 10%
der befragten Mädchen gaben an, dass ihre
Online-Freunde ihnen positive Gefühle
vermitteln. Selbst die heftigsten Mediennutzerinnen
gaben an, dass sie positive Gefühle
vor allem durch persönliche Freunde
in der realen Welt erfahren. Dagegen sind
negative Gefühle bei der Hälfte der befragten
Mädchen mit Online-Kontakten verknüpft.
Die Studie entlarvt das Gerede von
online sozialen Netzwerke als Quelle von
guten Freunden und Glück als leeres
Marktgeschrei! In Wahrheit machen digitale
soziale Netzwerke unsere Kinder und Jugendlichen
einsam und unglücklich!
Von Manfred Spitzer im Text Digitale Demenz (2012) Die Antwort auf die Diskussion um Einsamkeit und Gemeinschaftsbildung im Netz lautet daher: Es gibt Onlinesozialkontakte, wenn man es so empfindet. Und die Chance, dass man so empfindet, wird in Zukunft wachsen. Bei früheren Generationen hat sich die soziale Wirkung von Kommunikationstechnologien erst durch lange Eingewöhnungsphasen eingependelt. Wenn heute jemand davon berichtet, er habe lange und intensiv mit einer Freundin gesprochen, dann ist keineswegs klar, ob das in einem Raum stattfand oder am Telefon*. Das Telefon ist selbstverständlicher Teil des sozialen Alltags geworden. Es gibt wenig Grund zu zweifeln, dass es mit dem Internet anders sein soll. Vielmehr läuft es darauf hinaus, dass das Netz zu einem sozialen Begegnungsort wird wie andere auch. Zum Teil gelten dort bestimmte Codes, die Leuten mit speziellen Fähigkeiten soziale Vorteile verschaffen – aber das ist außerhalb des Netzes genauso. Wer schnell tippen kann und schriftlich überzeugend kommuniziert, hat im Digitalen einen Vorsprung. Wer schlagfertig, unschüchtern oder gut aussehend ist, kommt in der dinglichen Welt besser klar. Das Internet bringt insgesamt gesehen mehr Optionen für die soziale Interaktion mit sich, und irgendwann werden diese Optionen selbstverständlich sein, auch wenn nicht jeder daran teilnehmen wird, ohne dass das viel zu bedeuten hätte. Ungefähr so, wie manche Leute ungern telefonieren, ohne deshalb Technikverächter zu sein, und andere sehr gern telefonieren, einfach so.
Von Kathrin Passig, Sascha Lobo im Buch Internet - Segen oder Fluch (2012) im Text Entfremdung und Nähe auf Seite 227Verwandte Begriffe
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Does the Internet Make Us Lonely?: Jakob Nielsen's Alertbox, February 20, 2000 ( : 2020-11-28) |